Meine Erfahrung mit dem holotropen Atmen
Das erste Mal bin ich 2008 in einem Seminar dem holotropen Atmen begegnet – und ich war doch sehr skeptisch, dass man mit schnellerem und tieferem Atmen in einen anderen Bewusstseinszustand geraten sollte und womöglich eine LSD-ähnliche Erfahrung erleben.
Doch es war wirklich so und ein absoluter Gamechanger fĂĽr mich. Eine unglaublich tiefe Erfahrung erlebte ich in diesem allerersten Atemprozess, die mich bis heute begleitet. Ich habe immer noch Bilder vor Augen, obwohl es inzwischen so viele Jahre her ist.
Natürlich wollte ich dieses Erlebnis gleich wiederholen. Ich besuchte ein Ausbildungsmodul des GTT Transpersonal Training und war voller Vorfreude und angespannte Erwartung auf den nächsten Atemprozess – doch aus damaliger Sicht passierte während meiner Atemsitzung einfach nichts. Ich habe geatmet, getan, gemacht, durch die Nase, durch den Mund – gepumpt, geblasen, was nicht alles. Und: nichts. Auch beim nächsten Mal nicht. Und beim dritten Mal wieder: geatmet, geatmet und noch mal geatmet, nichts, was der ersten Erfahrung nahe kam.
Ich fing an zu glauben, dass das alles wohl doch nicht funktioniert. Vielleicht erzählen sich Menschen nur gegenseitig, wie besonders das holotrope Atmen sei – und keiner traut sich zuzugeben, dass bei ihm oder ihr eigentlich nichts passiert.
Dann wurde ich richtig wütend. War enttäuscht. Frustriert in einer Atemreise. Und ich dachte mir: „Freunde, ihr könnt mich mal – ich leg mich jetzt einfach hin, hör die Musik, die ja ganz schön ist… und das war’s dann halt.“
Und genau da – in dem Moment, in dem ich innerlich losgelassen habe – ist es passiert. Es hat sich in mir etwas geöffnet. Und wieder war es eine wunderschöne, berührende Erfahrung, die ich bis heute mit mir trage.
Der Wendepunkt: Das Loslassen
Diese Erfahrung hat mich gelehrt: Holotropes Atmen ist keine Technik, die man „macht“ – es ist ein innerer Zustand, in den man sich hineinbegibt.
Und immer wieder sehe ich Menschen, die heute zu mir in die Atemreisen kommen, dass sie genau das erleben: Sie wollen und wollen – und haben dabei das Gefühl, sie kommen nicht „rein“. Das finde ich so spannend. Denn das, was Stanislav Grof (der Begründer des Holotropen Atmens) so schön als „doing by not doing“ beschreibt, ist genau das, worum es geht.
Es geht nicht ums „Machen“ im klassischen Sinne. Sondern ums Dasein. Ums Atmen – ohne Ziel. Ohne Kontrolle. Ohne Leistung. Einfach schauen, was passiert.
Was mir damals gefehlt hat
Rückblickend denke ich manchmal: Vielleicht hätte ich damals – statt nur sauer zu sein und mich für die Musik zu entschieden – viel früher in die Wut gehen können. Ein Kissen nehmen, schreien, spüren. Aber das kam mir gar nicht in den Sinn. Vielleicht wusste ich’s nicht, vielleicht hatte ich Angst. Vielleicht wurde es mir auch einfach nicht angeboten. Wer weiß.
Aber am Ende ist ja doch etwas passiert. Es hat nur länger gedauert.
Und fĂĽr mich und meinen holotropen Weg war dies auch ein wichtiger Prozess, der mir die Bandbreite der Erfahrungswelten in diesem so besonderen Zustand deutlich gemacht hat.
Jeder Prozess ist anders
Diese Erfahrung teile ich oft in meinen Seminaren. Aber zwischen dem Hören einer Geschichte und dem tatsächlichen Erleben liegt natürlich ein großer Unterschied. Denn manche Menschen kommen einfach nicht rein – und genau das gehört manchmal auch dazu.
Holotropes Atmen ist wie ein Spiegel: Was gerade dran ist, zeigt sich. Man kann mit einer Intention reingehen – aber ob darauf eine Antwort kommt, steht auf einem anderen Blatt. Manchmal zeigt sich etwas ganz anderes. Oder gar nichts. Auch das ist Teil des Prozesses.
Dann stellt sich die Frage: Lasse ich los? Oder strenge ich mich mehr an?
Beides kann richtig sein.
Atmen ist auch körperlich
Manche meiner Teilnehmenden atmen allerdings nur zwei Minuten und sagen dann: „Da passiert ja gar nichts.“ Aber das Holotrope Atmen ist auch körperlich fordernd. Man muss eine Weile dranbleiben, den Körper mitnehmen, die Stimme mitnehmen. Viele verstehen gar nicht, was ich meine, wenn ich von „Stimme mitnehmen“ spreche. Aber unser Zwerchfell – unsere Atemmuskulatur – ist eng mit unserer Stimme verbunden. Summen, Tönen, Brabbeln – das alles kann helfen, den Atem zu befreien.
Wichtig ist nur: nicht in einen echten Dialog gehen. Denn Sprache ist bewusst – und der Atemprozess kommt aus dem Unbewussten.
Drei praktische Tipps, um "reinzukommen":
- 1. Lass den Kopf los – statt zu „wollen“
Viele gehen mit einer Erwartung in den Prozess: „Ich will eine Vision haben“ oder „Da muss doch jetzt was passieren!“ – genau das blockiert oft den Zugang zur Erfahrung.
💡 Tipp: Nimm dir vor: „Ich atme – und lasse mich überraschen.“
Holotropes Atmen funktioniert am besten, wenn du dich nicht anstrengst, sondern dich dem Prozess hingibst – auch wenn es sich am Anfang „leer“ anfühlt.
- 2. Nimm deinen Körper und deine Stimme mit
Der Atem allein trägt dich, aber er wirkt stärker, wenn du auch den Körper einlädst – durch Bewegung, Geräusche, Tönen oder Summen.
💡 Tipp: Wenn du stockst, probier mal zu tönen („mmm“, „aaah“), zu schütteln oder den Impulsen deines Körpers zu folgen. Manchmal öffnet sich genau darüber etwas.
- 3. Bleib dran – mindestens 20 bis 30 Minuten aktiv atmen
Gerade am Anfang kann es dauern, bis sich der innere Raum öffnet. Viele geben zu früh auf.
💡 Tipp: Vertraue dem Prozess. Wenn du dich für eine Weile auf einen Atemrhythmus einlässt und dich von der Musik tragen lässt, kommt oft ganz von allein ein Wendepunkt – und der Raum geht auf.
Erfahrungen und Varianten
Je öfter man atmet, desto leichter fällt es, in diesen Zustand von „doing by not doing“ zu kommen. Auch ich hatte letztens wieder einen Atemprozess – im Rahmen meiner Ausbildung zur Seminarleiterin für die Heldenreise. Ich habe gesagt: „Ich atme mal wieder mit, ist schon länger her.“
Ich dachte, ich wüsste ja, was ich tun muss. Und genau das war vielleicht mein Stolperstein. Ich hatte eine Metaebene, ich war in Verantwortung für die Gruppe. Das Loslassen fiel mir schwer. Auch das passiert. Auch das gehört dazu.
Und manchmal hilft es, den Atemrhythmus zu variieren – mal schneller, mal ruhiger, sich mit der Musik zu verbinden. Denn auch die Musikauswahl hat einen großen Einfluss. Ein zu schneller Wechsel kann den Prozess stören. Ich achte bei meinen Atemreisen darauf, dass die Musik einen organischen Bogen bildet, mit Raum für Tiefe.
Integration ist entscheidend
Nach dem Atmen ist vor der Integration. Deswegen gehört für mich das Malen nach dem Atemprozess immer dazu. Es geht nicht um Kunst, sondern darum, das Erlebte auf Papier zu bringen – mit Farben, Formen, Bewegung.
Dann das Sharing – das Teilen der Erfahrung mit anderen. Denn was nicht bezeugt wird, bleibt oft unklar. Und danach: Erdung. Der Körper will wieder ankommen. Mit Bewegung, Tanz, Bioenergetik, einfachem Dehnen. Meditation ist hier nicht geeignet – sie aktiviert wieder das Unbewusste. Jetzt geht es ums Zurückkommen.
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Ich bin unglaublich dankbar, dass ich diese Methode damals fĂĽr mich entdeckt habe und auch einige Male im Beisein von Stanislav Grof atmen und seinen Worten lauschen durfte.
Vieles an und in mir ist mir dadurch bewusster geworden. Das holotropes Atmen hat eine Tür zu meinen inneren Bildern, Gefühlen, Erinnerungen und Körperempfindungen geöffnet, die im Alltag oft verschlossen bleiben.
Ich konnte tieferliegende Themen anschauen – ohne dass ich es „wissen“ oder „verstehen“ musste. Mein inneres Erleben führte mich.
Manche Erfahrungen im Atmen sind wie ein innerer Kompass: Sie zeigen, was wirklich wichtig ist, worum es im Leben gerade geht – oder was man loslassen darf.

Fazit: Ich liebe das holotrope Atmen!
Holotropes Atmen ist für mich etwas Heiliges. Ich bin unglaublich dankbar, dass ich mittlerweile – ich schätze – an die 600 bis 700 Menschen durch diesen Prozess begleiten durfte. Es ist ein Geschenk, Teil dieser tiefen inneren Reisen zu sein.
Ich hoffe, dir hat mein Einblick in diese Erfahrung gefallen. Vielleicht sehen wir uns ja bei einer meiner Atemreisen oder in einem anderen Seminar.
Und so ende ich mit einem Zitat von Stan: